Die Nachhaltigkeitsberichterstattung
II. Einführung
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), offiziell Richtlinie (EU) 2022/2464, markiert einen Meilenstein in der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sie zielt darauf ab, Unternehmen zu verpflichten, umfassende Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) offenzulegen, um Transparenz für Investoren und Stakeholder zu schaffen.
Im Gegensatz zur Vorgängerin, der Non-Financial Reporting Directive (NFRD), erweitert die CSRD den Kreis der Berichtspflichtigen erheblich – derzeit von rund 11.000 auf bis zu 50.000 EU-weit – und fordert standardisierte Berichte nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS).
Die Richtlinie wurde am 14. Dezember 2022 vom EU-Parlament und Rat verabschiedet und trat am 5. Januar 2023 in Kraft. Mitgliedstaaten hatten bis zum 6. Juli 2024 Zeit zur Umsetzung in nationales Recht.
Bis heute, im November 2025, zeigt sich ein dynamisches Bild: Während die Kernvorgaben gelten, laufen Reformdebatten auf EU-Ebene und in Deutschland schreitet die nationale Transposition nun voran.
III. Die CSRD auf EU-Ebene: Kerninhalte und aktuelle Entwicklungen
Die CSRD verpflichtet große Unternehmen und börsennotierte KMU, ab dem Geschäftsjahr 2024 (Bericht 2025) doppelte wesentliche Informationen zu ESG-Themen zu berichten – finanziell und nicht-finanziell.
Der Umfang (EU) der betroffenen Unternehmen umfasst etwa 1.000 große börsennotierte Unternehmen und öffentliche Interessenträger ab 2024 (Wave 1), weitere ca. 42.000-45.000 große nicht-börsennotierte Unternehmen ab 2025 (Wave 2) und 2.000 börsennotierte KMU ab 2026 (Wave 3). Die genauen Zahlen der in der EU bzw. Deutschland betroffenen Unternehmen variieren je nach Quelle. Die Berichte müssen digital im European Single Electronic Format (ESEF) erfolgen und von einem unabhängigen (zugelassenen) Prüfer geprüft werden. Die Europäische Kommission hat die ESRS (Europäische Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung) im Juni 2023 finalisiert, mit Ergänzungen für Sektoren wie Banken und Kohlenstoffemissionen.
Im November 2025 steht die CSRD jedoch weiterhin im Fokus von Reformvorschlägen im Rahmen der sogenannten „Omnibus“-Initiative vom 26. Februar 2025. Diese soll den administrativen Aufwand reduzieren, indem der Berichtsumfang für KMU eingeschränkt, Fristen verlängert und die EU-Taxonomie-Anwendung für bestimmte Unternehmen freiwillig gemacht wird.
Bestandteil der „Omnibus“-Initiative ist die „Stop-the-clock“-Richtlinie, welche seit dem 17. April 2025 in Kraft ist. Sie verzögert lediglich den Beginn der Berichtspflichten wie folgt: Wave 2 Bericht Geschäftsjahr 2027 und Wave 3 Bericht Geschäftsjahr 2028. Wave 1 bleibt unverändert.
Diese „Omnibus“- Initiative wird gegenwärtig noch vor EU-Parlament und Rat verhandelt. Am 22. Oktober 2025 lehnte das EU-Parlament den Kompromiss des Rechtsausschusses (JURI) knapp ab (318 gegen 309 Stimmen), was die Initiative zurück an die Plenarsitzung vom 11.-13. November 2025 schickte.
Der Entscheid des EU-Parlaments vom 13. November 2025 bezieht sich auf diesen sogenannten „Omnibus“-Vorschlag I (Februar 2025) und hat den Weg für die Trilog-Verhandlungen geebnet, mit dem Ziel einen endgültigen Kompromiss zu erzielen. Der Standpunkt des EU-Parlaments umfasst für die berichtspflichtigen Unternehmen einen Mitarbeiter-Schwellenwert von > 1.750 und einen Umsatz-Schwellenwert von > 450 Mio. EUR, was eine Reduktion der Anzahl der berichtspflichtigen Unternehmen auf ca. 5.000 – 10.000 Unternehmen bedeutet (abweichend „Omnibus“-Richtlinie I Mitarbeiter-Schwellenwert > 1.000).
Der Trilog ist ein informelles Verhandlungsformat im Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union, bei dem Vertreter der drei Hauptinstitutionen – Europäische Kommission, Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union – zusammenkommen, um einen Kompromiss über einen Gesetzgebungsvorschlag zu erzielen. Ziel ist es, Differenzen zwischen den Positionen des Parlaments und des Rates zu überbrücken, bevor ein Gesetz endgültig verabschiedet wird. Das EU-Parlament soll noch 2025 den noch zu findenden Kompromiss beschließen.
Kritiker der CSRD sehen in den Änderungen der „Omnibus“-Initiative eine notwendige Entlastung, Befürworter warnen vor einer Schwächung der Nachhaltigkeitsziele.
Der Prozess ist also hochaktuell, brisant und dynamisch – Verzögerungen sind möglich, der Zeitplan ist eng gefasst.
IV. Nationale Umsetzung in Deutschland: Vom Entwurf zur Gesetzgebung
Deutschland setzt die CSRD durch das geplante CSRD-Umsetzungsgesetz (CSRD-UG) um. Die Vorgängerregelung, das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) von 2017 (§ 289b HGB), wird ergänzt und erweitert.
Der erste Entwurf des Bundesjustizministeriums Reg-E 24. Juli 2024 I PM 69/24 BMJ wurde von der damaligen Bundesregierung nicht mehr weiterverfolgt und somit nicht verabschiedet.
Am 26. September 2024 leitete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungs-verfahren gegen Deutschland und 16 weitere Mitgliedsstaaten ein.
Der folgende weitgehend identische Entwurf des neu geführten Bundesjustizministeriums vom 10. Juli 2025 wurde kritisiert und revidiert; am 3. September 2025 legte die Bundesregierung einen neuen Regierungsentwurf vor, der am 13. Oktober 2025 im Bundestag in erster Lesung debattiert wurde. Der Entwurf überträgt die CSRD-Vorgaben vollständig ins Handelsgesetzbuch (HGB) und die Prüfungsberichtsverordnung (PrüfV). Große deutsche Unternehmen (Bilanzsumme > 25 Mio. Euro, Umsatz > 50 Mio. Euro, > 250 Mitarbeiter) müssten demnach ab Geschäftsjahr 2027 (Bericht 2028) erweiterte ESG-Berichte erstellen. Börsennotierte Unternehmen der EU ab 2024 (Bericht 2025).
Neu ist die „Doppelte Wesentlichkeit“ – Berichte müssen sowohl aus Unternehmens- als auch aus Gesellschaftssicht relevant sein. Die Prüfung obliegt weiterhin ausschließlich den Wirtschaftsprüfern; der Entwurf lehnt eine Öffnung für andere Prüfer (als Wirtschaftsprüfer), wie auf EU-Ebene erlaubt, ab.
Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme (DS 435/25) zum Gesetzesentwurf auf seiner 1.058 Sitzung am 17. Oktober 2025 u.a. folgende wichtige Punkte entschieden und empfiehlt der Bundesregierung:
- Befürwortung der vollständigen Umsetzung der CSRD in nationales Recht unter Integration der Entlastungen der „Omnibus“-Initiative für Unternehmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten,
- Zulassung anderer unabhängiger Prüfer neben Wirtschaftsprüfern für die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte und
- Empfehlung des ESEF-Formates nur für die Offenlegung (Offenlegungslösung im elektronischen Format statt Aufstellungslösung wie bisher).
Bis Ende 2025 sollte das Gesetz verabschiedet werden, um EU-konform zu bleiben.
V. Ausblick und Empfehlung
Durch die Nichtumsetzung der CSRD in deutsches Recht besteht für Unternehmen mit Sitz in Deutschland (Wave 2/3) weiterhin keine gesetzliche Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und deren Prüfung.
Da die deutsche Gesetzgebung der EU-Rechtsetzung nachgelagert ist (Richtlinien wie die CSRD müssen umgesetzt werden, Verordnungen gelten direkt), hängen die nationalen Fristen und Inhalte von den Ergebnissen der Trilog-Verhandlungen ab.
Eine Umsetzung der CSRD wie geplant im Herbst/Winter 2025 in deutsches Recht erscheint aufgrund des beschriebenen Standes der Gesetzgebungsverfahren und des breiten Wunsches nach Reduzierung der Berichtspflichten höchst ambitioniert. Der Bundesrat kommt am 19. Dezember 2025 letztmalig in 2025 zusammen.
Insgesamt scheint es ratsam, dass Unternehmen, die voraussichtlich berichtspflichtig bleiben werden (> 1.000 Beschäftigte und Umsatz > 450 Mio. EUR), ihre Vorbereitungen auf der bisherigen Grundlage fortsetzen. Rückwirkende gesetzliche Änderungen sind unwahrscheinlich (Verfassungsrecht) und der Koalitionsvertrag bzw. der aktuelle Stand des Gesetzgebungsverfahrens unterstützt die „Omnibus I“-Vereinfachungen.
Es bleibt also spannend.
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